Hergiswald ist einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte
der Schweiz. In die herausragende Kirche ist eine Loretokapelle integriert. Nach
einem langwierigen Prozess machte das benachbarte, in die Jahre gekommene
Gasthaus einem Ersatzneubau Platz. Dieser steht auf dem Sockelgeschoss des
Vorgängerbaus, der von einem neuen Betonfundament gefasst wird. Die beiden
ersten Obergeschosse werden von Douglasienholzstützen getragen, die vor die
Bruchsteinmauer gesetzt sind. Die filigrane Konstruktion ermöglichte es, grosse
Panoramafenster einzubauen. Ausgesteift werden die beiden Geschosse durch ein
betoniertes «Hinterhaus». Eine ebenfalls massiv ausgebildete Terrasse und eine
Pergola verzahnen den Restaurantbereich auf der Westseite mit dem Hang. Das
zweite Obergeschoss birgt einen Saal, der über die gesamte Haustiefe
stützenfrei ausgebildet ist. Ermöglicht wird dies durch zwei Hängewerke, die
auf zwei gewaltigen Unterzügen lagern und in das dritte Obergeschoss integriert
sind. Der aufwendig konstruierte Saal besitzt eine leuchtend blau gefärbte und
bemalte Kassettendecke, deren sternförmige Felder an gotische Sakralarchitektur
erinnern. Auch die benachbarte Wallfahrtskirche hat ein blau gegliedertes
Gewölbe, dieses datiert allerdings in den Barock. Das dritte Obergeschoss ist
ein klassischer Blockbau mit markanten Vorstössen, der kleinteilige, privatere
Räume birgt. Auf die vertikale Holzverschalung der Restaurantgeschosse folgen entsprechend
abrupt die liegenden Kanthölzer des Blocks. Loretokapellen erzählen die
Geschichte eines translozierten Marienheiligtums. Möglicherweise war dies die
Motivation für den überraschenden Blockaufsatz? In jedem Fall hat Gion A.
Caminada in Hergiswald eine äusserst eigenwillige Kombination erschaffen, der
die Szene begeistert Tribut zollt. Das Ausloten konstruktiver Grenzen im
Saalbau ist interessant, der räumliche Mehrwert jedoch eher gering
Prix Lignum 2018 Gold
Rotes Holz und blauer Saal, in: Hochparterre (Themenheft) 5/2020. – Birkendahl, Yvonne: Auch in der Architektur geht es um Beziehungen, in: Karton, Architektur im Alltag der Zentralschweiz 44/2019, S. 8–11. – Albert Koechlin Stiftung (Hg.): Gasthaus Hergiswald: Ein Baurapport. Luzern 2019.
Bilder
Pläne