Passionsspiele und andere geistliche Spiele, welche Geschichten der Bibel intendieren, waren in Europa seit dem Mittelalter beliebt. In Selzach genossen sie im 19. Jahrhundert gar so grosse Beliebtheit, dass eigens ein Theaterhaus für die Vorführungen erbaut wurde. Bauherr war der Selzacher Adolf Schläfli (1856–1924). Das Gebäude wurde zweckmässig gestaltet und ganz aus Holz konstruiert. Es besteht aus einem hohen Theaterturm, der die Bühne und technische Installationen wie Seilzüge und Beleuchtung beherbergt. Daran schliesst der längsrechteckige Zuschauerraum an, der eine ansteigende Tribüne mit Sitzreihen sowie darunter Nebenräume, wie Garderoben, Toiletten, Kasse und ähnliches, beherbergt. Zwischen Bühne und Zuschauerrängen ist der Orchestergraben untergebracht. Der Zugang zu den Räumlichkeiten erfolgt auf der nordöstlichen Längsseite, wo eine Passerelle direkt zu den verschiedenen Sitzreihen führt. Während der Längsbau bis heute eine Holz-Deckleistenschalung aufweist, wurde der Turm in den 1990er Jahren mit Faserzementplatten bekleidet. Im Innern beeindruckt die unterspannte Binderkonstruktion, die die ganze Raumbreite stützenfrei macht. Bis 1972 wurde der Bau mehr oder weniger regelmässig bespielt. Nachdem er einige Jahre ungenutzt blieb, wurde er 1989 saniert und wird seither zur Aufführung von Opern genutzt. Das Spielhaus ist ein wichtiger Vertreter einer selten gewordenen Baugattung und überzeugt, durch die schlichte, aber zweckmässige Konstruktion.
Kantonale Denkmalpflege Solothurn (Hg.): Objektblatt. Selzach, Dorfstrasse 11, Passionsspielhaus (2.2.2022). – Zürcher, Christine: Kulturpfad_Selzach. Selzach 2021, S. 14–16. – Schmid, Markus: Salzach, Passionsspielhaus, Sanierungsarbeiten, in: Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Solothurn 14/2009, S. 155.
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