Santiago Calatrava zeichnet sich durch seine kühnen, biomorphen Konstruktionen aus. Die nüchterne Kantonsschule Wohlen ist durchsetzt mit vier ebensolchen Interventionen in Beton, Stahl und Glas, aber auch in Holz, die Caltravas Liebe zur Geometrie und sein aussergewöhnliches Raumverständnis demonstrieren. Aus Sicht des Holzbaus brillieren die Decke der Aula und die Lichtkuppel über der zentralen Rotunde, die als hölzerne Blüte gestaltet ist. Auf einem Stahlspannring ruhen 20 elegante, blütenblattförmige Holzsegel. Die Lasten werden über verleimte und gedrechselte Kiefernspindeln, die in Stahlhülsen stecken, auf den zentralen Druckring am Fuss der 2 Meter weit spannenden Laterne übertragen. Was in der Höhe ungemein filigran aussieht, ist überraschend gross: Der Spannring misst 11.36, die Unterkante der Holzsegel jeweils 5,4 Meter. Die 16 mal 28 Meter grosse Aula besitzt ein Tonnendach, das von fünf parabelförmigen Dreigelenkbindern getragen wird. Die Kraftübertragung zwischen den Bindern und der Decke besorgt ein Fächerwald aus Holzstäben: einerseits die Dreigelenkbinder, andererseits die Grate an Zusammenschluss der Fächer. Die atemberaubend leichte Konstruktion lagert auf Betonstützen, die eine Symbiose aus Säule und Knochen sind. Leicht geschwungen leiten sie in den Fächerwald über. Vorbild ist ein klassisches, murales Gewölbe, das sich hier jedoch nahezu entmaterialisiert präsentiert. Es ist wunderbar, wenn einen die Möglichkeiten des Holzbaus derart überraschen können!
Abgrenzungen, Überschneidungen, in: Werk, Bauen + Wohnen 4/1989, S. 32–43. – Loderer, Benedikt: Geometrisch, raumschaffend, unerbittlich: Kantonsschule Wohlen: Ingenieurkunst am Bau, in: Hochparterre 11/1988, S. 48–55.
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