Der Hauptsitz der Swatch AG reiht sich ein in eine kleine Gruppe meist repräsentativer Bauwerke, die in den 1960er-Jahren frei geformt und seit dem Einzug der Informatik in die Architektur als «Blobmaster» parametrisch konzipiert wurden. Konstruktive Vorbilder ersterer war das Werk von Antoni Gaudí, letzterer von Buckminster Fuller. Erste Swatch-Erfahrungen sammeln konnte Shigeru Ban mit dem Hauptsitz des Uhrenherstellers in Tokyo 2007. Der Bieler Swatch-Bau erinnert an ein Reptil, dass sich an der Schüss entlang schlängelt und dessen «Maul» in der Cité du temps, dem angrenzenden Museumsbau, verschwindet. Die Gitterschalenkonstruktion misst 240 Meter, ist bis zu 26,8 Meter hoch und besitzt eine Maximalspannweite von 34 Metern. Mittels Leergerüst wurden in der neunmonatigen Montagephase 4’481 individuell geformte Holzträger aus 6'500 Schweizer Fichten montiert. Durch eine geschickte Parametrisierung konnten die Brettschichtholzelemente auf drei verschiedene Rohlingstypen und die über 16.000 Stahlteile und 140.000 Verbindungsmittel auf einige wenige Typen reduziert werden. Die Tragstruktur ist mit einer Dachhaut – zugleich auch Fassade – aus elf verschiedenen Elementen geschlossen, unter anderem geschlossene und gedämmte Teile, Glas-, Sonnenschutz- und Photovoltaik-Waben sowie Luftkissen aus EFTE-Kunststoff. Die vielfältige Dachhaut wird ausserdem von einigen Balkonen durchstossen. Sie überdeckt die Verbindungsbrücke in den Museumsbau und macht somit den öffentlichen Strassenraum zum Teil der Szenerie. Das Industriebau-Ensemble hat mit der aussergewöhnlichen Gitterschale ein neues, Aufsehen erregendes Gesicht erhalten.
Kurz, Daniel: 600 Teile: Swatch-Hauptsitz in Biel von Shigeru Ban, in: Werk, Bauen + Wohnen 2020, S. 31–38. – Meyer, Ulf: Die Stadt der Zeit, in: swiss-architecs.com 10.10.2019. – Hauptsitz Swatch AG, in: informationsdienst-holz.de (Abruf 25.7.2024).
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